Was bedeutet Verbraucherschlichtung genau?
Das am 1.4.2016 eingeführte Verbraucherschlichtungsverfahren ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Der Begriff der Verbraucherin und des Verbrauchers meint jede natürliche Person, die nicht zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken handelt.Das Verbraucherschlichtungsverfahren bietet die Möglichkeit, bei Konflikten einfach, schnell und kostengünstig eine einvernehmliche Lösung mit einem Unternehmer zu finden, sofern dieser seine Bereitschaft dazu erklärt.
Im Schlichtungsverfahren können sich Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem ungelösten Konflikt an eine Verbraucherschlichtungsstelle wenden, die nach Anhörung der Beteiligten eine Lösung sucht. Die Teilnahme ist für beide Parteien freiwillig und für die Verbraucher kostenlos. Die Kosten für das Verfahren trägt allein der Unternehmer, bei Wohn- und Betreuungsverträgen also der Träger der Einrichtung. Bei der Schlichtung befasst sich eine dritte unabhängige Person mit dem Streit und erarbeitet nach Anhörung beider Seiten einen Lösungsvorschlag. Die schlichtende Person hat entweder das zweite juristische Staatsexamen oder eine zertifizierte Ausbildung zur Mediatorin oder zum Mediator. Die Mitwirkung eines unparteiischen Außenstehenden erhöht oft die Akzeptanz der so gewonnenen Lösung und wirkt deeskalierend, sodass die Beteiligten leichter einen Konsens erreichen können.
Wer kann ein Verbraucherschlichtungsverfahren führen?
Jede Bewohnerin und jeder Bewohner einer Wohn- und Betreuungseinrichtung (früher „Heimbewohner“) kann selbst ein Streitbeilegungsverfahren mit dem Träger der Einrichtung durchführen. Die Träger müssen auf ihrer Internetseite bzw. bei neueren Verträgen in den Verträgen selbst darüber informieren, inwieweit sie bereit sind, am Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Gerade für Bewohnerinnen und Bewohner von Wohn- und Betreuungseinrichtungen bietet die neue Verbraucherschlichtung eine vielversprechende Form der Streitbeilegung als Alternative zum Rechtsweg.
Eine Anwältin oder einen Anwalt müssen die Verbraucher hierzu nicht beauftragen, sie dürfen sich aber rechtsanwaltlich beraten oder vertreten lassen, wenn sie dies wünschen.
Chancen, Möglichkeiten und Grenzen des Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens im Pflegebereich
Das Schlichtungsverfahren bietet einen schnellen, unbürokratischen und kostengünstigen Weg, um eine Streitigkeit mit der Einrichtung beizulegen. Da der Schlichtungsvorschlag von einem neutralen Dritten erarbeitet wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er akzeptiert wird. Hierzu zwingen kann man die Einrichtung allerdings nicht. Hat diese sich aber erst einmal bereit erklärt, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, sind die Aussichten gut, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
In manchen Fällen kann aber auch das unproblematische Schlichtungsverfahren an seine Grenzen stoßen: Etwa auf der persönlichen Ebene, wenn das Vertrauen bereits zerrüttet und ein Festhalten am Vertrag für die Beteiligten unzumutbar ist. Eine Schlichtung ist zudem schwer umzusetzen, wenn ein soziales Netzwerk fehlt. Sind die Verbraucher alleinstehend ohne Angehörige und haben einen hohen Hilfebedarf, werden sie zur Bewältigung der formalen Anforderungen die Hilfe eines Dritten (z. B. eines Vertreters oder eines Betreuers) benötigen. Dies ist gem. § 13 VSBG möglich. Denkbar ist auch, dass Verfahren, die die Räumung eines Zimmers betreffen, an der Hürde des Streitwerts scheitern. In vielen Fällen wird die Obergrenze von 50.000 Euro überschritten, weil in einigen Bundesländern die Heimentgeltkosten sehr hoch ausfallen. Es ist auch zu bedenken, dass der Schlichtungsvorschlag anders ausfallen kann als die Entscheidung eines staatlichen Gerichts, da die Schlichtungsstelle z. B. keine Gutachten einholt und keine Zeugen anhört.
Dennoch kann das Schlichtungsverfahren eine Chance sein, innerhalb kurzer Zeit und ohne Kostenrisiko zu einer annehmbaren Lösung zu kommen; es stellt somit eine gute Alternative zu Gerichtsverfahren dar.