Wie kann ich gegen Pflegemängel vorgehen?
Das Wichtigste in Kürze
- Pflegebedürftige haben der Einrichtung gegenüber einen Erfüllungsanspruch.
- Wenn ein Pflegemangel trotz Ihrer Beschwerde weiter besteht, haben Sie vier Möglichkeiten:
- Minderung des Heimentgelts (auch rückwirkend)
- Kündigung (vorausgesetzt, Sie haben einen neuen Heimplatz)
- Forderung von Schadensersatz
- Forderung von Schmerzensgeld
Jede Pflegeeinrichtung ist aufgrund des Wohn- und Betreuungsvertrages (Heimvertrages) verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen. Haben Sie festgestellt, dass dies teilweise nicht der Fall ist, liegt ein Leistungs- bzw. Pflegemangel vor. Wir zeigen Ihnen, welche Rechte Ihnen jetzt zustehen und wie Sie diese Rechte geltend machen können.
Folgende Rechte ergeben sich bei Vorliegen eines Pflegemangels aus den gesetzlichen Vorschriften:
- Erfüllungsanspruch:
Zunächst haben Sie einen Anspruch darauf, dass die Pflegeeinrichtung die vertraglich geschuldeten Leistungen erbringt, wenn ein Leistungsmangel fortbesteht.
- Minderung des Heimentgelts:
Sie können das zu zahlende Heimentgelt mindern, dies auch für sechs Monate rückwirkend. Die Minderung berechnet sich nach den Einschränkungen, die der Bewohner durch den Pflegemangel hinnehmen musste. Die Berechnung ist nicht einfach. Eine Richtschnur für den Umfang der Minderung gibt die Frankfurter Tabelle, die eigentlich für Reisemängel entwickelt wurde. Einzelheiten finden Sie in unserem WBVG-Leitfaden ab Seite 101.
- Fristlose Kündigung:
Wird ein schwerwiegender Mangel nicht beseitigt und besteht er weiter fort, obwohl Sie die Pflegeeinrichtung unter Fristsetzung zur Beseitigung aufgefordert haben, können Sie den Heimvertrag fristlos kündigen. Dies sollten Sie jedoch erst dann tun, wenn Sie einen neuen Heimplatz gefunden haben.
- Schadensersatz:
Neben der Kündigung stehen Ihnen Schadensersatzansprüche zu. Hier können Umzugskosten und Mehrkosten durch eine anderweitige Pflege geltend gemacht werden.
- Schmerzensgeld:
Ist Ihrem Angehörigen durch den Pflegemangel ein körperlicher Schaden entstanden, z.B. ein Dekubitus, so bestehen deshalb Ansprüche auf Schmerzensgeld. Hier sollte auf jeden Fall ein ärztliches Attest besorgt werden.
Und so machen Sie Ihre Rechte bei Pflegemangel geltend:
- Minderung:
Sie müssen dem Pflegeheim so genau wie möglich mitteilen, weshalb und in welcher Höhe Sie das Entgelt mindern wollen. Dabei können Sie auch Prozentangaben machen. Diese müssen Sie in einen konkreten Kürzungsbetrag umrechnen. Teilen Sie weiter mit, für welchen Zeitraum Sie das Heimentgelt kürzen wollen. Berechnen Sie den Gesamtbetrag der Kürzung. Sie können den Kürzungsbetrag gesondert geltend machen oder mit laufenden Entgeltzahlungen verrechnen. Wenn Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen oder auf Hilfe zur Pflege (Sozialhilfe) angewiesen sind, steht Ihnen der Minderungsbetrag nur anteilig zu, soweit Ihr Eigenanteil betroffen ist. Der darüber hinausgehende Betrag ist an die Pflegeversicherung und/oder den Sozialhilfeträger abzuführen.
- Fristlose Kündigung:
Damit Sie gleichzeitig oder später auch Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld geltend machen können, müssen Sie im Kündigungsschreiben den Grund für die Kündigung so genau wie möglich angeben. Kündigen Sie nicht nur fristlos, sondern gleichzeitig auch fristgerecht.
- Schadensersatz:
Auch wenn Sie Schadensersatzansprüche geltend machen, müssen Sie die Tatsachen, die Grund des Anspruchs sind, so genau wie möglich schildern. Dann müssen Sie den hieraus folgenden Schadensersatzanspruch berechnen und eine Frist für die Zahlung setzen. Wenn das Vertragsverhältnis fortbesteht, können Sie den Schadensersatzanspruch auch mit laufenden Zahlungen verrechnen.
- Schmerzensgeld:
Hier müssen Sie genau so vorgehen wie beim Schadensersatz, also den Grund für den Anspruch genau benennen. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt davon ab, inwieweit die Lebensqualität von dem körperlichen Schaden beeinträchtigt wurde.
Weiterführende Hilfen
Wie erkenne ich Pflegemängel?
Betroffene haben Rechte und Möglichkeiten, gegen Pflegemängel vorzugehen. Wir zeigen Ihnen wie.
Im Zweifel beraten lassen
Gerne unterstützen wir Sie in jeder der oben beschriebenen Phasen. Wenn Sie eine Klage in Betracht ziehen, tun Sie dies nicht ohne rechtliche Unterstützung. Hier geht’s zur BIVA-Rechtsberatung.