Verbraucher müssen bei Pflegeheim-Preisen und -Qualität Einfluss nehmen
- Die Pflegebedürftigen sind in Entgeltverhandlungen unzureichend eingebunden.
- Die Betreiber haben weitgehend freie Hand, ihre Preise durchzusetzen, die Kassen führen Preisverhandlungen nur zu Lasten Dritter
- Verträge sind so gut wie nicht einsehbar.
In der Regel werden jährlich die Entgelte für die Pflegeleistungen, Unterkunft und Verpflegung allein zwischen den Kassen und den Heimbetreibern neu verhandelt. Dabei wird auch festgelegt, wieviel Personal das Heim vorhalten muss. Daraus leitet sich die Höhe der Pflegesätze ab. Diese sind für die in dem Heim versorgten Pflegebedürftigen und deren Kostenträger „unmittelbar verbindlich“ (§ 85 SGB XI). Das heißt, diejenigen, die die vereinbarten Leistungen erhalten und dafür dann auch zahlen müssen, sind in die Verhandlungen nicht eingebunden. Zwar wird vor den Verhandlungen der jeweilige Bewohnerbeirat um eine Stellungnahme gebeten, aber in der Realität fehlt den Beiratsmitgliedern das notwendige Fachwissen. In der Folge hat der Bewohnerbeirat hier meist nur eine Alibi-Funktion oder aber seine Einwände werden ignoriert.
Laut Gesetz sollen zwar die Kassen im Rahmen der Verhandlungen die Interessen der Pflegebedürftigen als sogenannte „Sachwalter“ wahrnehmen. Die Realität sieht aber anders aus. Die Kassen zahlen nur einen gesetzlich festgelegten, unveränderbaren Zuschuss zu den Pflegekosten. Darüber hinausgehende Kosten wie etwa die für Unterkunft, Verpflegung, Investitionen und auch für Gehaltserhöhungen des Personals müssen die Pflegebedürftigen allein tragen. Die Kassen haben dadurch schon systembedingt keinen Anreiz, sich den Preisforderungen der Heime entgegenzustellen. Von Seiten der Kassen erfolgt lediglich eine Angemessenheits- und Plausibilitätsprüfung. Das heißt, die Betreiber haben weitgehend freie Hand, die von ihnen gewünschten Preise durchzusetzen, wenn sie diese entsprechend begründen. Anders gesagt: Die Kassen führen Preisverhandlungen „zu Lasten Dritter“. Hier stellt sich die Frage, ob dies nicht grundsätzlich gesetzeswidrig ist.
Rechtlich zweifelhaft ist auch die Praxis, dass die abgeschlossenen Verträge zwischen Kassen und Betreibern den einzelnen Verbrauchern gegenüber nicht offengelegt werden. Sie müssen zahlen, wissen aber nicht wofür. Allenfalls teilt man ihnen den Inhalt nach gezielter individueller Nachfrage mit. Verbraucherschutzorganisationen erhalten keine Einsicht. Der BIVA-Pflegeschutzbund, der anhand der vereinbarten Soll-Personalschlüssel erfahren möchte, ob Beschwerden über schlechte Pflege durch unzureichende Personalausstattung zu erklären sind, hat keine Handhabe. Mit dem Hinweis auf schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird der Einblick in den meisten Fällen verwehrt.
BIVA-Forderungen
- An den Pflegesatzverhandlungen müssen Betroffenen-Vertreter teilnehmen und mit verhandeln können
- Heimbeiräte müssen fachlich unterstützt werden, um eine fundierte Stellungnahme zu den neu verhandelten Entgelten abgeben zu können
- Der „Pflegekunde“ muss bei Preiserhöhungen erfahren, was in dem ausgehandelten Preis enthalten ist, ähnlich wie ein Mieter, der erfahren muss, wie sich Miet- und Nebenkostenerhöhungen zusammensetzen.
- Die Zusammensetzung der Entgelte müssen auch Verbraucherschutzorganisationen, wie dem BIVA-Pflegeschutzbund, gegenüber offengelegt werden.