Verbraucher benötigen verlässliche Qualitätsinformationen über Heime
- Das Prüfsystem des Medizinischen Dienstes und die Qualitätsindikatoren sind keine belastbaren Entscheidungshilfe.
- Die verwendeten Skalen bei den Kriterien zur gemeldeten Ergebnisqualität und den MD-Prüfungen sind unterschiedlich normiert.
- Anzahl der Beschäftigten wird nicht veröffentlicht.
Im unübersichtlichen Pflegemarkt benötigen Pflegebetroffene belastbare Qualitätsinformationen, die eine Entscheidung für oder gegen ein Heim bzw. für oder gegen einen Pflegedienst ermöglichen. In § 115 SGB XI heißt es, dass die Berichte „die von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar“ darstellen müssen. Der bis 2019 gültige „Pflege-TÜV“ erfüllte diese Kriterien nicht. Seit Oktober 2019 werden Pflegeheime nach einem grundlegend neuen Prüfsystem bewertet, das aus einem internen Qualitätsmanagement der Einrichtungen und einem neuen externen Prüfverfahren besteht. Neu ist auch, dass die Pflegeheime seit November 2019 halbjährlich intern Qualitätsdaten zur Versorgung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner – sogenannte Qualitätsindikatoren – erheben und an die Datenauswertungsstelle (DAS) übermitteln. Weitere Informationen zum aktuellen Qualitätsprüfsystem hier.
Kritik am MD-Prüfsystem
Der BIVA-Pflegeschutzbund steht dem neuen Qualitätsprüfungssystem sehr kritisch gegenüber. Für die Verbraucher sind die Ergebnisse weiterhin wenig aussagkräftig. Viele Angaben werden von den Heimen selbst ausgefüllt. Andere sind von vornherein freiwillig. Und: Bei Falschangaben drohen keine harten Strafen, sondern lediglich eine Aufforderung zur Korrektur oder aber der Eintrag „k. A.“ für „keine Angabe“.
An der Entwicklung des neuen MD-Prüfsystems waren die Heimbetreiber im Gegensatz zu den Interessenvertretungen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen maßgeblich beteiligt, etwa bei den zu prüfenden Inhalten, der Durchführungsmethode sowie der Darstellung der Ergebnisse. Für den Verbraucher sind die Ergebnisse auch weiterhin wenig aussagekräftig, da viele Angaben von den Heimen selbst gemacht werden oder freiwillig sind.
Unübersichtliche Darstellung der Prüfergebnisse – kein Vergleich möglich
Die Prüfergebnisse werden nicht zusammengefasst. Der Nutzer erhält eine ca. 20 Seiten lange Darstellung und gegenüber früher doppelt so lange Text- und Tabellenausdrucke. Besonders verwirrend ist, dass die verwendeten Skalen bei den Kriterien zur von den Heimen gemeldeten Ergebnisqualität und den MD-Prüfungen unterschiedlich normiert sind. Die Ergebnisqualität wird mit einer fünfstufigen Skala von stark unterdurchschnittlich bis stark überdurchschnittlich dargestellt. Die MD-Prüfergebnisse finden sich dagegen auf einer vierstufigen Skala, die von ‚keine‘ bis ‚schwerwiegende‘ Defizite reicht. Beide Skalen können keinesfalls miteinander verglichen werden.
Der höchste Qualitäts- und Kostenfaktor ‚Personal‘ wird nicht veröffentlicht
Die Anzahl der Beschäftigten ist der wichtigste Parameter bei der Festlegung des Pflegesatzes und schlägt sich unmittelbar auf den zu zahlenden Eigenanteil der Bewohnerinnen und Bewohner nieder. Dennoch werden sie nach dem neuen Prüfsystem nicht veröffentlicht und können daher nicht bei einer Entscheidung für oder gegen eine Einrichtung hinzugezogen werden.
Datenweitergabe der Prüfergebnisse wird behindert
Die Schwächen der festgelegten Darstellung machen es umso wichtiger, dass die Rohdaten in anonymisierter Form an Dritte wie z.B. Verbraucherschutzorganisationen weitergegeben werden. Diese könnten damit eigene zielgruppenspezifische Informationsangebote erstellen, die die vorliegende Darstellung sinnvoll ergänzen würden. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit im SGB XI (§ 115) ausdrücklich vorgesehen, die nähere Ausgestaltung aber an Nutzungsbedingungen geknüpft, die der Qualitätsausschuss festlegen soll. Das war bereits beim alten Pflege-TÜV gescheitert und hat sich auch mit dem neuen Prüfsystem nicht geändert. Eine alternative, vom Verbraucher ausgehende Darstellung ist nicht möglich.
Im medizinischen Bereich dagegen werden die Rohdaten der Krankenhausstrukturberichte, die sehr umfangreiche Qualitätsinformationen über jedes einzelne Krankenhaus enthalten, ohne Bedingungen weitergegeben. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass dies in der Pflege nicht möglich sein soll.
Der BIVA-Pflegeschutzbund kritisiert, dass die Verbraucher weiterhin alleine gelassen werden und entgegen dem Willen des Gesetzes keine wirkliche Entscheidungshilfe bei der wichtigen Frage nach einem guten Heim erhalten.
BIVA-Forderungen
- Veröffentlichung der Strukturdaten wie Soll- und Ist-Zahlen des Personals
- Veröffentlichung der vollständigen Ergebnisse von Qualitätsprüfungen
- Weitergabe der Prüfergebnisse in maschinenlesbarer Form an Verbraucherschutzorganisationen
- Strenge Regelprüfungen und schnelle anlassbezogene Prüfungen bei Beschwerden
- Stichprobenartige, unangekündigte Prüfungen – auch der Selbstauskünfte in Pflegeeinrichtungen und bei Pflegediensten
- Spürbare Sanktionen für Pflegeanbieter bei Falschauskünften und Nichterfüllung der Standards