Pflegeschutzbund e. V.

Verwaltungsgericht Aachen: Pflegeheime dürfen Besuch ohne angebotenen negativen Schnelltest verweigern

Mit Beschluss vom 23.12.2020 gab die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen dem Eilantrag eines Pflegeheimes aus Würselen statt: Ein Besuch eines Angehörigen ohne Vorlage eines negativen Schnelltestes darf durch die Einrichtungsleitung verweigert werden.

Das Pflegeheim hatte sich mit dem Antrag gegen eine Regelung in der Allgemeinverfügung „Pflege und Besuche“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales gewendet. Die beanstandete Regelung sieht – im Gegensatz zu ihrer bis zum 20. Dezember 2020 geltenden Fassung – vor, dass einer Besucherin bzw. einem Besucher, die bzw. der einen angebotenen Corona-Schnelltest ablehnt, der Besuch mit Verweis auf diese Ablehnung nicht verweigert werden darf. Das Pflegeheim hatte sich darauf berufen, dass nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Testpflicht für Besucher einer Pflegeeinrichtung ausdrücklich empfohlen werde. Eine Besuchserlaubnis allein für Angehörige, die einen aktuellen negativen Schnelltest vorweisen könnten, entspreche auch dem Beschluss der Ministerpräsidenten vom 13. Dezember 2020. Werde hierauf verzichtet, führe dies zu einer massiven Verschlechterung des Infektionsschutzes in der Pflegeeinrichtung und zu Gefahren für die Heimbewohner und das Pflegepersonal.

Die 6. Kammer ist der Argumentation des Pflegeheims aus folgendem Grund gefolgt:

Nach 2.4. der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ausdrücklich festgelegt:

„2.4.  Bei den Besucherinnen und Besuchern ist bei jedem Besuch ein Kurzscreening (Erkältungssymptome, SARS-CoV-2-Infektion, Kontakt mit Infizierten oder Kontaktpersonen ersten Grades gemäß der Richtlinie des Robert Koch-Instituts) einschließlich Temperaturmessung durchzuführen. Ein Zutritt zu der Einrichtung ist nur möglich, wenn sich bei dem Kurzscreening keine Hinweise darauf ergeben, dass durch die Besucherin bzw. den Besucher das SARS-CoV-2-Virus oder ein anderer Krankheitserreger in die Einrichtung eingetragen werden könnte. Sofern seitens der Besucherin oder des Besuchers die Mitwirkung am Kurzscreening verweigert wird, hat die  Einrichtungsleitung den Zutritt zu versagen.“

Die Einrichtungsleitung werde ausdrücklich ermächtigt, den Besuch der Einrichtung bei Verweigerung eines Kurzscreenings zu versagen. Deshalb sei nicht nachvollziehbar, dass bei Verweigerung eines angebotenen Schnelltestes, der eine höhere Sicherheit aufweise als ein Kurzscreening, dies nicht gelten solle.

Ein im Einzelfall zu erlassendes Besuchsverbot bei verweigerter Schnelltestung greife nach Abwägung mit den Rechten der anderen Bewohner auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht unzumutbar in Rechte des betroffenen Heimbewohners (insbesondere) auf Teilhabe ein.

Anmerkung des BIVA-Pflegeschutzbundes:
Die Begründung des Gerichtes zeigt auf, wie unklar die aktuelle Situation ist, wenn die für das Kurzscreening geltende Regel für den Gebrauch von Schnelltests angewandt wird. Tatsächlich war in dem vorliegenden Fall ein Schnelltest möglich und durch die Einrichtung für Angehörige angeboten worden. Ob es zu einer solchen Entscheidung auch kommt, wenn eine solche Testung für Angehörige durch die Einrichtung nicht angeboten wird, ist zweifelhaft und bleibt abzuwarten.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung kann hiergegen Beschwerde eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Aachen: Corona vor Weihnachten: Pflegeheime dürfen Besuch ohne negativen Schnelltest verweigern und nächtliche Ausgangssperre gekippt (nrw.de)

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