Der 3. Senat des Kammergerichts (KG) Berlin hat in einer Entscheidung vom 01.02.2016 festgestellt, dass alle Mitbewohner einer Wohngemeinschaft oder eines Wohnheims das Hausrecht bezüglich der Gemeinschaftsräume gleichrangig ausüben. Dies führt dazu, dass grundsätzlich jeder Bewohner alleine entscheiden kann, wem er Zutritt zu den Gemeinschaftsräumen gewährt. Die Grenze dieser individuellen Ausübung des Hausrechts ist jedoch die Zumutbarkeit der Anwesenheit des Dritten gegenüber den Mitbewohnern. Weiterhin wurde in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Prüfung durch die Aufsichtsbehörden regelmäßig dem objektiven Interesse der Bewohner entspricht und eine Versagung des Zutritts eine willkürliche Beschränkung des Hausrechts der Mitbewohner darstellen kann.
Hintergrund der Entscheidung war der Sachverhalt, dass die nach Landesrecht zuständige Aufsichtsbehörde eine durch eine Anzeige veranlasste Prüfung in einer Senioren-WG nicht durchführen konnte, weil ihr der Zugang verwehrt wurde. Die WG wird durch einen als GmbH firmierten Pflegedienst in Berlin geführt. Die Geschäftsführerin hatte den Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde den Zugang zu dem Gebäude verwehrt und damit die Möglichkeit zur anlassbezogenen Prüfung vereitelt, weil eine von elf im Hause lebende Bewohnerin den Zutritt nicht bewilligt hatte. Acht Bewohner hatten dagegen ausdrücklich zugestimmt. Die Aufsichtsbehörde hat daraufhin eine Ordnungswidrigkeit angenommen und sanktioniert. Dagegen hat sich die GmbH gewehrt.
Das Gericht hat eine Ordnungswidrigkeit bestätigt. Es kommt in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass alle Mitbewohner einer Wohngemeinschaft oder eines Wohnheims das Hausrecht gleichrangig ausüben. Das bedeutet, dass im Regelfall jeder Mitbewohner allein darüber entscheiden kann, wem er Zutritt zu den Gemeinschaftsräumen gewährt. Es sei nicht erforderlich, dass alle Bewohner zustimmen. Zu beachten sei dabei allerdings, dass es den anderen zumutbar sein muss, dass der Dritte sich in den Räumen aufhält. Das Gericht ging davon aus, dass die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde dem sozialgesetzlichen Leitbild nach dem Landesheimgesetz Berlin entspricht und im objektiven Interesse der Bewohner ist, da die Prüfung ihrem Schutz dient. Der Zugang der Aufsichtsbehörde war daher auch für die Bewohnerin, die den Zutritt versagt hatte, zumutbar. Ihre Verweigerung, der sich die Geschäftsführerin der GmbH angenommen hatte, stelle eine willkürliche Beschränkung der Freiheitsrechte der Mitbewohner dar und sei damit treu- und rechtswidrig gewesen. Erschwerend kam für die Richter hinzu, dass die Geschäftsführerin keinerlei Versuche für eine Vermittlung unternommen hatte und es ihr augenscheinlich unter Missachtung der Rechte der Bewohner um eine Vereitelung der Kontrolle durch die Heimaufsicht ging.
Anmerkung: Die Ausführungen in dieser Entscheidung beziehen sich ausdrücklich auf das Hausrecht in einer Wohngemeinschaft oder einem Wohnheim. Die Rechte des Einzelnen hinsichtlich seines Hausrechts an dem eigenen Zimmer / Appartement stehen eigenständig daneben und sind unbenommen. Hier nähere Erläuterungen dazu.
Quelle: juris
Beschluss des KG Berlin 3. Senat für Bußgeldsachen vom 01.02.2016, Az.: 3 Ws (B) 29/16