Pflegeschutzbund e. V.

BIVA kritisiert regelwidrigen Einsatz von Betreuungskräften („§87b-Kräfte“)

Putzfrau beugt sich über Putzeimer in einem HausflurDas Aufgabengebiet für zusätzliche Betreuungskräfte, die in Pflegeeinrichtungen nach § 43b SGB XI eingesetzt werden können (bis Ende 2016 in § 87b), hat der Gesetzgeber klar definiert. Sie sollen pflegedürftigen Menschen bei alltäglichen Aktivitäten wie Spaziergängen, Gesellschaftsspielen, Lesen, Basteln usw. begleiten und unterstützen – Aufgaben, für die das Pflegepersonal oft nicht genügend Zeit hat.
Eine nicht repräsentative Online-Umfrage von Heimmitwirkung.de mit Unterstützung der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) e.V. hat ergeben, dass diese Betreuungskräfte aber nicht selten Tätigkeiten in der Pflege und Hauswirtschaft ausführen, die bereits anderweitig abgerechnet werden. Der Vorsitzende der BIVA, Dr. Manfred Stegger, fordert daher eine wirksame Kontrolle.

Betreuungskräfte dürfen nur in Ausnahmefällen, wenn eine Pflegekraft kurzfristig nicht erreichbar ist, notwendige Aufgaben aus dem Bereich der Pflege oder Hauswirtschaft übernehmen. Dazu gehört die Begleitung der Toilettengänge oder das Anreichen von Essen. Allerdings dürfen diese Tätigkeiten nicht zu den regelmäßigen Aufgaben gehören. Offenbar wird diese Regelung aber nicht überall eingehalten. Bei der Frage „Welche Aktivitäten werden durch Betreuungskräfte unterstützt?“, antworteten 60%, dass sie auch Essen und Trinken anreichen, rund 34%, dass sie auch Toilettengänge unterstützen, und fast 20%, dass sie sogar pflegerische Hilfstätigkeiten ausüben. Dies hat nicht nur die aktuelle Umfrage ergeben, sondern schon 2012 wurde in einer großangelegten Studie des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV) dieser Umstand erkennbar. Die BIVA ist auch in ihrer Beratungsarbeit auf solche Fälle gestoßen.

Für die Einrichtungen besteht die Versuchung, diese Kräfte, die von den Pflegekassen zusätzlich bezahlt werden und daher für die Einrichtungen kostenlos sind, für andere Arbeiten einzuplanen. „Dies geht am Sinn und Zweck des Gesetzes vorbei und dient nicht dem Wohlergehen der Bewohner“, sagt Stegger, Vorsitzender der BIVA. „Diese Kräfte sollen ganz gezielt für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung eingesetzt werden.“ Damit die Gelder der Pflegekassen wirksam für die Versicherten eingesetzt werden, fordert Stegger regelmäßige Kontrollen für diesen Bereich.

Tätigkeiten einer Betreuungskraft

In den Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes wird geregelt, welche Tätigkeiten dazu dienen sollen, die Bewohnerinnen und Bewohner „zu betreuen und zu aktivieren“. Zu den zusätzlichen Betreuungsleistungen einer Betreuungskraft gehören demnach folgende Alltagsaktivitäten:

  • Malen und basteln,
  • handwerkliche Arbeiten undleichte Gartenarbeiten
  • Haustiere füttern und pflegen,
  • Kochen und backen,
  • Anfertigung von Erinnerungsalben oder -ordnern,
  • Musik hören, musizieren, singen,
  • Brett- und Kartenspiele,
  • Spaziergänge und Ausflüge,
  • Bewegungsübungen und Tanzen in der Gruppe,
  • Besuch von kulturellenVeranstaltungen, Sportveranstaltungen, Gottesdiensten und Friedhöfen,
  • Lesen und Vorlesen oder
  • Fotoalben anschauen.

Für Tätigkeiten in folgenden Bereichen sind zusätzliche Betreuungskräfte nicht vorgesehen:

  • Küche / Hauswirtschaft: Tisch eindecken, spülen, putzen usw. (nicht regelmäßig oder planmäßig)
  • Grundpflege: Essen anreichen, Toilettengänge, Hygiene usw. (nicht regelmäßig oder planmäßig)
  • Maßnahmen der Behandlungspflege: alle ärztlich verordneten, krankenpflegerischen Tätigkeiten, wie Verbandswechsel oder Medikamentenvergabe (generell)

Maßnahmen der Behandlungspflege dürfen ausschließlich von dafür qualifizierten Pflegekräften ausgeführt werden. In den beiden anderen Bereichen, Hauswirtschaft und Grundpflege, darf eine zusätzliche Betreuungskraft in Ausnahmefällen eingesetzt werden, z.B. wenn gerade keine Pflegefachkraft da ist, die Zeit aber drängt. Nicht zulässig ist es, wenn diese Tätigkeiten planmäßig oder regelmäßig durchgeführt werden, wenn etwa die zusätzliche Betreuungskraft im Dienstplan dafür vorgesehen ist oder jede Woche dazu eingesetzt wird. Die Einhaltung dieser Vorgaben obliegt der verantwortlichen Pflegefachkraft.

Was kann ich tun, wenn eine Betreuungskraft falsch eingesetzt wird?

In Ihrer Einrichtung führen zusätzliche Betreuungskräfte Tätigkeiten aus, die nur durch Pflegefachkräfte durchgeführt werden dürfen? Dann sollten Sie das Problem sofort ansprechen. Zum einen stellt es nämlich einen Leistungsbetrug dar, wenn eine Einrichtung aus der Pflegekasse bezahlte Kräfte als Ersatz für anderes Personal nutzt. Zum anderen ist es im Zweifelsfall nicht klar, wer dafür haftet, wenn etwa ein Versicherungsfall eintritt und keine Pflegefachkraft anwesend war.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat im Rahmen des 23. Neusser Pflegetreffs dazu Stellung genommen, was in einem solchen Fall zu tun ist: „Wer erlebt, dass eine Pflegehilfskraft missbraucht wird, beschwere sich sofort bei seiner Pflegekasse.“ Da die Kassen die zusätzlichen Kräfte finanzieren und festlegen, wie sie einzusetzen sind, ist ihnen daran gelegen, dass diese richtig eingesetzt werden. Weiter führte er aus, man solle sich an die zuständige Heimaufsicht wenden und das Gespräch mit dem zuständigen Vertrauens-Mitarbeiter in der Einrichtung suchen.

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Abbildung: peter774 / pixabay.com

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