Bonn. Seit dem 1.1.2022 ist ein weiterer Teil der Pflegereform in Kraft getreten: der Leistungszuschuss für Pflegeheimbewohner. Allerdings bringt dieser Zuschuss aus Sicht des BIVA-Pflegeschutzbundes am Ende kaum Entlastung für die Pflegebedürftigen. „Aufgrund steigender Personal- und Lebenshaltungskosten wird dieser Leistungszuschuss gar nicht zu Buche schlagen, sodass zukünftig noch mehr Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner zu Sozialhilfeempfängern werden“, kritisiert Dr. Manfred Stegger, Vorsitzender der Verbraucherschutzorganisation. „Das finanzielle Risiko muss für die Betroffenen kalkulierbar sein. Dies geht nur, wenn die Eigenanteile fest gedeckelt sind. Wir fordern von Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine echte Pflegereform.“
Mit der nun gültigen Pflegereform der alten Bundesregierung erhalten Pflegeheimbewohner:innen einen Zuschuss zu den Pflegekosten. Dessen Höhe steigt mit der Dauer des Heimaufenthalts: Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent. Da aber gleichzeitig mehr Personal und die Zahlung von Tariflöhnen vereinbart wurden, werden die Kosten für die Pflegebedürftigen wieder steigen. Hinzu kommen stetig steigende Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen. Berücksichtigt man also alle Faktoren, werden die Bewohner:innen in den ersten beiden Jahren im Pflegeheim trotz der Reform finanziell höher belastet als zuvor. Nach Berechnungen des Pflegeökonomen Prof. Heinz Rothgang wird langfristig rund ein Drittel der Heimbewohnerinnen und -bewohner auf Sozialhilfe angewiesen sein. Der Anteil wird perspektivisch sogar ansteigen.
Der BIVA-Pflegeschutzbund fordert seit langem eine Umkehr des finanziellen Risikos von den Versicherten auf die Versicherung im Sinne eines sogenannten Sockel-Spitze-Tausches. Demnach sollten Pflegebedürftige einen fixen Beitrag leisten, das darüber hinausgehende Risiko sollte von der Pflegeversicherung getragen werden – wie bei einer echten Kaskoversicherung. „Das Pflegereförmchen der alten Bundesregierung war eine große Enttäuschung für alle Betroffenen. Der neue Bundesgesundheitsminister hat jetzt die Chance, die Probleme richtig anzupacken. Weitere kleine „Pflästerchen“ werden uns mittelfristig nicht helfen“, so Stegger.