Ein Pflegeskandal in Bonn, der zur Teilschließung des Seniorenwohnzentrums Haus Dottendorf führte, lenkt die Blicke erneut auf die Aussagefähigkeit der Pflegenoten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK). Die Einrichtung wurde von der Heimaufsicht wegen „gefährlicher Pflege“ für Pflegestufe II und III geschlossen. In zwei Fällen wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die Einrichtung wurde 2014 vom MDK mit der Pflegenote 1,0 bewertet.
Diese Note wurde offenbar falsch berechnet. Die Bundesinteressenvertretung der Nutzerinnen und Nutzer von Wohn- und Betreuungsangeboten im Alter und bei Behinderung e.V. (BIVA) mit Sitz in Bonn hat den Prüfbericht des MDK zu der genannten Einrichtung genauer unter die Lupe genommen und ist auf Ungereimtheiten bei der Notenberechnung gestoßen.
Nach den Prüfdaten des MDK Nordrhein, die vor knapp einem Jahr veröffentlicht wurden, müsste die Berechnung zu einer deutlich schlechteren Gesamtnote führen. Eine Anfrage beim Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) hat bestätigt, dass ein Programmierfehler vorgelegen habe. Der genannte Fall sei ein Ausnahmefehler. Bisher sind die im Internet veröffentlichten Daten aber nicht korrigiert worden.
BIVA-Vorsitzender Dr. Manfred Stegger geht davon aus, dass dies kein Einzelfall ist. Bei einem Programmierfehler könnten noch bei zahlreichen anderen Einrichtungen die Noten falsch berechnet worden sein. „Wir haben dem MDK gerade eine Liste mit weiteren Zweifelsfällen aus ganz Deutschland übermittelt“, so Stegger.
Das System der Pflegenoten wurde 2008 eingeführt. Von Fachleuten und Betroffenenverbänden wird immer wieder kritisiert, die veröffentlichten Durchschnittsnoten seien irreführend und würden kein realistisches Abbild der Situation in den Einrichtungen wiedergeben. Bislang wurden allerdings die arithmetischen Berechnungen der Noten nicht angezweifelt.