Ein durch ein Gesundheitsamt ausgesprochenes Besuchsverbot in einer Einrichtung muss zwingend für den Einzelfall ausführlich abgewogen werden. Dies entschied das Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth am 21.02.2022 nach Eilantrag eines BIVA-Mitgliedes.
Pauschales Besuchsverbot auch für Geboosterte
In einer Einrichtung wurde ein positives Corona-Infektionsgeschehen festgestellt. Die Einrichtungsleitung verhängte daraufhin in Rücksprache mit dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt ein Besuchsverbot, über das die Angehörigen telefonisch informiert wurden. Aufgrund von weiteren positiven Infektionsfällen verlängerte das Gesundheitsamt das Besuchsverbot immer weiter und weitete es sogar auf weitere Wohnbereiche der Einrichtung aus.

Ein BIVA-Mitglied fragte beim Gesundheitsamt nach, wie lange dieses Besuchsverbot aufrecht erhalten werden soll und ob bei dem pauschal ausgesprochenen Besuchsverbot auch die individuelle Auswirkung eines an Demenz erkrankten Menschen Berücksichtigung finden konnte. Seine an Demenz erkrankte Mutter ist geimpft sowie geboostert und hatte nur negative Schnelltests.
Das örtlich zuständige Gesundheitsamt bejahte dies in einer kurzen Mail und bat um Verständnis dafür, dass keine zeitliche Begrenzung und weitere Argumente genannt werden könnten. Diese Aussage wiedersprach dem Rechtsempfinden unseres Mitglieds sowie der Tatsache, dass eine Quarantäneanordnung ein Verwaltungsakt ist, der gegenüber dem Adressaten hinreichend konkret formuliert werden muss.
Unser Mitglied reichte daraufhin nach intensiver Beratung durch die BIVA am 14.02.2022 einen Antrag beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth ein. Der Antrag bezog sich darauf, dass das durch das Gesundheitsamt ausgesprochene pauschale Besuchsverbot aufgehoben wird. Um eine zügige Entscheidung des Gerichtes zu erhalten, reichte er gleichzeitig auch einen Eilantrag ein.
VG Bayreuth gibt dem BIVA-Mitglied recht
Im Beschluss vom 21.02.2022 stellte das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth in seiner summarischen Prüfung fest, dass das Gesundheitsamt sein eingeräumtes Ermessen nicht rechtmäßig ausgeübt hat. Insbesondere führe das Gesundheitsamt nicht aus, „inwieweit es der Isolation von einzelnen Personen, die z.B. keiner Quarantäneanordnung unterliegen, aber in diesem Heim wohnen, entgegenwirken will. Auch wird nicht ausgeführt, inwiefern ein Mindestmaß an sozialen Kontakten gewährleistet wird.“ Außerdem sei es in sensiblen Situationen erforderlich, „Ausnahmen vom Besuchsverbot zuzulassen, um besondere Härten aus dem Weg zu räumen.“ (Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Bayreuth vom 21.02.2022, Az.: B 7 S 22.127).
Gegen diese Entscheidung kann noch Beschwerde eingelegt werden. Eine abschließende Entscheidung wird nun im Rahmen des Hauptsacheverfahrens getroffen.
Was bedeutet diese Entscheidung?
Der BIVA-Pflegeschutzbund begrüßt die Entscheidung des VG Bayreuth. Die Corona-Pandemie hat Grundrechtseinschränkungen notwendig gemacht, insbesondere für Pflegeheimbewohner:innen. Leider waren viele Einschränkungen aber nicht rechtmäßig, zu pauschal und/oder nicht verhältnismäßig. Mit seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Bayreuth klargestellt, dass der individuelle Schutz einer bedürftigen Person bei pauschalen Entscheidungen einer besonderen Berücksichtigung bedarf. Die individuellen Auswirkungen der Maßnahme müssen mitberücksichtigt werden.