Pflegeschutzbund e. V.

Kranken- und Pflegeversicherung, Verordnungsprinzip in der Krankenversicherung

Struktur der stationären Pflegeversicherungsleistungen

Die länderbezogenen Rahmenverträge zur pflegerischen Versorgung sollen – so ist das festgelegt –  eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherstellen. Diese Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen im Inland verbindlich.

Sie regeln u.a.:

  • den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen,
  • die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
  • Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
  • die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
  • Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) der Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim.
  • die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können.

Bei vollstationärer Pflege werden die Pflegebedürftigen durch Leistungen der Pflegeversicherung von solchen Aufwendungen finanziell entlastet, die für ihre Versorgung nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind (pflegebedingte Aufwendungen). Die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung tragen die Pflegebedürftigen selbst.

Die Höhe der Aufwendungen ergibt sich aus den Pflegesätzen, die zwischen Pflegekassen und stationären Einrichtungen abgeschlossen wurden. Sie orientieren sich an den im Gesetz festgelegten Pflegestufen/Pflegeklassen. Mit den Pflegesätzen sind alle für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung (allgemeine Pflegeleistungen) abgegolten. Die Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, Maßnahmen der Qualitätssicherung, des gesetzlich vorgegebenen Qualitätsmanagements unter Beachtung des Expertenstandards durchzuführen. Hierzu ist von der Einrichtung ein individueller Pflege- und Betreuungsplan zu erstellen und fortzuschreiben.

Struktur der Krankenversicherungsleistungen in einer stationären Pflegeeinrichtung

Die ärztliche/zahnärztliche Versorgung der „Kassenpatienten“ wird wie vor der Pflegeheimaufnahme als eigenständige ambulante Behandlungsmaßnahme weitergeführt. Nur bei der von der Einrichtung durchzuführenden Behandlungspflege ist eine unmittelbare Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin zwingend vorgeschrieben. Diese besteht in der Erteilung schriftlicher Anordnungen der notwendigen medizinischen Behandlungspflegemaßnahmen. Die Anordnungen sind ist in der Pflegedokumentation festzuhalten. Ansonsten vollzieht sich die ärztliche bzw. die zahnärztliche Versorgung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Kraft Gesetz ist sie den Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen übertragen worden (Sicherstellungsauftrag). Das ärztliche Tätigwerden in stationären Pflegeeinrichtungen ist nach den Vorgaben der Strukturen der Kassenärztlichen Vereinigungen Bestandteil der hausärztlichen Versorgung. Diese Tätigkeiten beziehen sich immer individuell auf den einzelnen behandlungsbedürftigen Patienten in der Pflegeeinrichtung, der seine Hilfe in Anspruch nehmen will.

Bisher entstehen mit dem Tätigwerden des Arztes/Zahnarztes jedoch keine weiteren Vertragsbeziehungen zwischen Arzt/Zahnarzt und der Pflegeeinrichtung im Sinne einer verbindlichen strukturellen Zusammenarbeit beider Bereiche. Der Arzt bzw. die Ärztin hat auch kein Weisungsrecht gegenüber der Pflegeeinrichtung. Dieser Komplex bedarf auch unter dem Gesichtspunkt der Haftungsfragen bei der Umsetzung medizinischer Behandlungen einer für die Bewohner:innen transparenten Aufbereitung.

Die Hausärztliche Versorgung beinhaltet auch für das Tätigwerden in der Pflegeeinrichtung nach den Vorgaben des Krankenversicherungsgesetzes grundsätzlich:

  • die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
  • die Koordination diagnostischer, therapeutischer und (behandlungs-)pflegerischer Maßnahmen,
  • die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
  • die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

Zu beachten ist, dass in diesem ärztlichen Behandlungsverbund das Recht auf freie Arztwahl weiterhin besteht – und zwar unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzt:innen.

Wichtig ist zu beachten: Das ärztliche Verordnungsprinzip gilt auch in der stationären Pflegeeinrichtung für die Arznei- und Verbandsmittelversorgung, für die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, für Soziotherapie und für spezialisierte ambulante Palliativversorgung.

Diese ärztlich verordneten Maßnahmen werden von den Leistungserbringern (z.B. Bereich Logopädie, Ergotherapie, Podologie, Physiotherapie), die von den Krankenkassen zugelassen sind, in Eigenverantwortung als ambulante Leistung erbracht. Sie muss direkt an dem Leistungsberechtigten im Rahmen der Hausbesuchskonzeption erbracht und direkt mit den Kostenträgern abgerechnet werden. Auch hier ergeben sich formal keine verbindlichen Kooperationsstrukturen zwischen der Pflegeinstitution und den medizinischen Praxen, so dass diese Maßnahmen mit dem individuellen Pflegekonzept nicht ausreichend abgestimmt sind.

Ein nicht zu unterschätzender weiterer Regelungsbedarf besteht im Zusammenwirken in der Medikamentenversorgung mit den Apotheken. Dies muss in das Kooperationsgeflecht mit einbezogen werden.
Auf die Probleme der Medikamentenverträglichkeit soll in diesem Beitrag nicht näher eingegangen werden.

Alles in allem gesehen bedarf es einer Präzisierung der Gesamtverantwortung für die Festlegung eines individuellen Behandlungs- und Pflegeplans. Diese Gesamtverantwortung müsste bei der Pflegeeinrichtung – Leitende Pflegedienstleitung – verankert sein. Hieraus ergibt sich ein zu berücksichtigender Mehraufwand auf der Leitungsebene und somit Folgen in den Strukturen der Leistungserbringer.

Hilfreich wären hierzu neue Studien zur institutionsübergreifenden Strukturbildung, die zugleich eine Transparenz über den ISTZUSTAND herstellen könnte.

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